Liebe Innsbruckerinnen, liebe Innsbrucker,
Ich möchte mich dem Dank an die Verwaltung für die Erstellung des Budgets anschließen. Sowohl was die Finanzabteilung angeht als auch die anderen Abteilungen. Die Erstellung eines Budgets ist ein großer Kraftakt, der viel Zeit und Arbeitsaufwand in Anspruch nimmt. Vielen Dank dafür!
Wie einige von Ihnen vielleicht wissen, war ich vor meinem Einstieg in die Politik Jugendsozialarbeiterin für das Gebiet Innsbruck-Land. In der Arbeit mit Jugendlichen ist es oft wichtig, komplexe Sachverhalte einfach zu erklären. Das werde ich nun auch in meiner Budgetrede versuchen.
Es wurde vorab bereits heiß diskutiert: Das Budget 2025 wird auch Schulden produzieren. Und wie das Amen im Gebet kommt dann auch gleich der Vorwurf: Schulden seien schlecht! Man müsse jetzt sparen! Man müsse den Gürtel enger schnallen usw.
Besonders beliebt ist dabei das Beispiel, die Stadt dürfe nicht über ihre Verhältnisse leben, denn ein Unternehmer, der seine Kredite nicht mehr bedient, sei ja schließlich auch von der Pleite bedroht. Dabei ist nichts unterschiedlicher als ein privater Geschäftsmann mit einer öffentlichen Verwaltung.
Ein Unternehmer, der etwa Häuser baut, nimmt dafür einen Kredit auf, um das Geld an Baumärkte, Architekturbüros und Beschäftige weiterzugeben. Dafür macht er Schulden, die er dann der Bank mit Zinsen zurückzahlen muss.
Öffentliche Ausgaben funktionieren dagegen anders. Die Stadt macht Schulden, um Häuser zu bauen. Auch das finanziert private Firmen und Beschäftigte in der Baubranche. Aber diese Firmen und Beschäftigten zahlen dann Steuern und Abgaben, wodurch ein Teil des ausgegebenen Geldes sofort wieder zurückfließt. Außerdem konsumieren die Beschäftigten in der Stadt und lassen auch auf diese Weise erneut Geld da.
Es kommt also immer darauf an, wofür Geld ausgegeben wird und wie die Schulden verteilt werden. Öffentliche Budgets bedeuten also immer: Einige müssen zahlen, andere dürfen verdienen. Es werden nicht unsere Kinder und Enkelkinder sein, die die Schulden zurückzahlen müssen. Die Lohnabhängigen von morgen zahlen für die Spekulanten von heute.
Solange eine Gemeinde ökonomisch halbwegs stabil ist, wollen die Banken sogar, dass sie sich verschuldet. Weil die Stadt durch ihre Steuern- und Abgabeneinkünfte ein sehr sicherer Kreditnehmer ist. Der die Forderungen verlässlich bedienen kann.
Schulden sind somit fester Bestandteil der Profitmacherei. Entscheidend ist, wofür das Geld ausgegeben wird. Und ob schlussendlich nur für die Vermögenden oder auch für die Bevölkerung etwas herausschaut. Schuldenfragen sind damit immer auch Verteilungsfragen.
Die Beantwortung dieser Verteilungsfrage führt uns in die oben erwähnte Lebensrealität von Jugendlichen zurück.
Denn gerade wenn es um Politik geht, schalten Jugendliche gerne ab. Aber nicht, weil sie politisch nicht interessiert wären, sondern weil jene Jugendlichen, die die Einrichtungen der sozialen Arbeit in Anspruch nehmen, oft die Erfahrung gemacht haben, dass sie von den etablierten Parteien nichts zu erwarten haben.
Jugendliche sind sehr einfühlsam. Sie durchschauen Dinge schnell. Vor allem bei Ungerechtigkeiten reagieren sie sensibel. Jugendliche haben die Politik insofern durchschaut, als dass sie wissen, dass es bei Politik vor allem um die Verteilung von viel Geld geht. Und dass sie und ihre Eltern in dieser Verteilungsfrage nur wenig Berücksichtigung finden.
Deshalb freut es mich sehr, dass künftig die Mittel für die Kindergartensozialarbeit aufgestockt werden. Das ist ein sehr sinnvoller und hilfreicher Ansatz, der in der Bewältigung von Ungleichheiten schon in frühen Jahren beginnt. Danke für diese gute Entscheidung.
Die zentrale politische Frage für die KPÖ bleibt jedoch: Wofür wird Geld ausgegeben? Nicht alles, was heute im Budget beschlossen wird, wird bei der Bevölkerung gut ankommen. Die Neugestaltung des Boznerplatzes oder die Pflasterung in der Altstadt, sind keine Projekte, die durch den Willen einer Mehrheit der Stadtbevölkerung forciert wurden, geschweige denn, ihr Leben signifikant verbessern. Es sind Projekte, die auf Zuruf einer kleinen, aber sehr finanzstarken Gruppe von Geschäftsleuten durchgedrückt wurden.
Keine Frage, Innsbruck braucht auch schöne und repräsentative Plätze und Orte. Aber das Geld, das dort hineinfließt, fehlt dann eben woanders. Kann man mit 3 Millionen etwa keinen schönen Boznerplatz bauen? Müssen es wirklich 9 Millionen sein?
Die Notwendigkeit, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln verantwortungsvoll umzugehen, war nie so dringlich wie heute. Inmitten dieser Herausforderungen müssen wir uns bewusstmachen, dass die Politik nicht nur von Zahlen geprägt ist, sondern vor allem von der Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, deren Lebensrealitäten wir verstehen und in den Mittelpunkt unserer Entscheidungen stellen müssen.
Mit dem Budget 2025 müssen wir uns der Realität stellen, dass sowohl steigende Ausgaben, als auch sinkende Einnahmen ein echtes Problem darstellen werden. Besonders in Zeiten von Teuerungen, geopolitischen Spannungen und globalen Unsicherheiten müssen wir als Gesellschaft grundlegende Fragen stellen: Wie verteilen wir Ressourcen gerecht? Wie sichern wir den sozialen Frieden, wenn die öffentlichen Mittel knapper werden? Und vor allem: Wie können wir eine Politik gestalten, die auch in Krisenzeiten den sozialen Zusammenhalt wahrt?
Der Leiter des Vereins für Obdachlose hat erst kürzlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Tageseinrichtung Teestube mit 200 NutzerInnen täglich am Rande des Stemmbaren ist. Geschätzt 2.000 Menschen sind in Innsbruck derzeit wohnungslos. Diese Zahlen sollten wir ernst nehmen und entsprechend handeln. Denn auch diese Menschen haben ein Anrecht darauf, dass wir mit öffentlichen Geldern sorgsam umgehen und diese im Sinne des Gemeinwohls verwalten. Ich möchte an dieser Stelle erneut betonen, wie wichtig es ist, dass wir als Gesellschaft auch in Zeiten knapper Kassen auf die, die keine Lobby haben, nicht vergessen. Gerade die arbeitenden Menschen oder Jene mit geringen Einkommen in Innsbruck, die keine Rücklagen haben, trifft das Anheben der Gebühren und Tarife unverhältnismäßig hart.
Wir können deshalb heute nicht in den Weihnachtsfrieden mit einstimmen. Vielmehr sehen wir unsere Aufgabe darin, davor zu warnen, dass der Adventskranz in Flammen aufzugehen droht.
Zwar wurden in diesem Budget Gelder für die Parteienförderung freigeschaufelt, und auch auf die Personalkostenerstattung will man weiterhin zugreifen. Aber das angekündigte kostenlose Öffiticket ist erstmal auf die lange Bank geschoben. Monumente sollen errichtet werden, nicht nur am Boznerplatz sondern wie bereits in medialer Vorleistung angedeutet, durch eine neue Stadtseilbahn nach Igls.
Wir sind auch überrascht darüber, wie niedrig die prognostizierten Einnahmen aus der Leerstandsabgabe ausfallen. Es wirkt so, als wolle man den konstanten Abwärtstrend im erfolgreichen Verhindern von Spekulation noch weiter drosseln. Die Stadtregierung hat sich das Thema leistbares Wohnen vorgenommen. Vielleicht kommt ja noch eine große Überraschung. Die KPÖ glaubt jedenfalls nicht an ein Weihnachtswunder.
Wo sicherlich noch Luft nach oben gewesen wäre, ist in der politischen Priorisierung. Wo könnte man die Mittel klug einsetzen, um nachhaltig zu wirken und sich langfristig sogar Geld zu sparen? Es ist die bereits erwähnte Wohnungslosenhilfe.
Das „Institut für angewandte Wirtschaftswissenschaften der Freien Universität Brüssel“ hat errechnet, dass eine obdachlose Person die öffentliche Verwaltung etwa 50.000 Euro/Jahr kostet. Nicht nur, weil Notunterkünfte geschaffen und erhalten werden müssen. Es braucht auch einen gewaltigen Mehraufwand an Verwaltungskräften, Polizei, Justiz und Sozialarbeit, um dem Phänomen – mehr schlecht als recht – Herr zu werden. Es wäre also nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit, sondern der wirtschaftlichen Vernunft, hier Mittel in die Hand zu nehmen, um präventiv eingreifen zu können. Prävention ist immer billiger als die Spätfolgen auszubügeln, das wissen alle.
In Innsbruck passt das Verhältnis zwischen Oben und Unten schon lange nicht mehr. Wir haben einen zunehmenden Reichtum von dubiosen Geschäftsleuten wie Rene Benko, die ausgerechnet mit dem Grundrecht Wohnen Profite erwirtschaften. Wir haben Großgrundbesitzer, Baufirmen und Immobilienspekulanten auf der einen Seite und immer mehr Menschen, die sich das Alltägliche nicht mehr leisten können, auf der anderen Seite. Das hören wir täglich in unseren Sprechstunden für Wohnen und Soziales. Dabei sind die Betroffenen nicht nur - wie oben erwähnt - sozial deklassierte Fälle, sondern auch Mitglieder der sogenannten Mittelschicht, die trotz doppelter Einkommen und guter Jobs die Lebenshaltungskosten nicht mehr tragen können.
Das es anders geht zeigt die KPÖ regierte Stadt Graz: Die Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ hat sich in der Vergangenheit als verlässlicher Partner für die Grazerinnen und Grazer erwiesen. Auch im Hinblick auf das Budget 2025 sind sie entschlossen, ihre Verantwortung ernst zu nehmen und die notwendigen Schritte für eine stabile und zukunftsfähige Entwicklung der Stadt zu setzen. Dabei bleibt der Fokus auf sozialer Gerechtigkeit und der Förderung von Projekten, die der gesamten Bevölkerung zugutekommen, stets an erster Stelle.
Sie haben Mut bewiesen und stehen mit dem Budget an der Seite der arbeitenden Menschen. Diesen Mut vermisse ich beim Budget der Innsbrucker Stadtregierung.
Das Geld sitzt locker für Prestigeprojekte aber nicht für die Beseitigung von Spekulation und die Schaffung von leistbarem Wohnraum. Das vorliegende Budget hat ein paar wenige bemühte Ansätze. Die Ungleichheit in unserer Stadt wird dadurch aber nicht beseitigt.
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